BINZ39


/ Izidora I LETHE, _____ (breath, blow, kiss), 5. April – 4. Mai 2024, Eröffnung 4. April 2024, kuratiert von Céline Matter /


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Sihlquai 133
8005 Zürich


Do – Sa
14 – 17 Uhr
oder auf Anfrage


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Luminaire

Esther Mathis
19.08 - 18.09.2021






Seit den Anfängen des technischen Fortschritts hat jede Innovation ihre Wurzeln in der sorgfältigen Beobachtung der Gesetze und Phänomene von Mutter Natur. Die Sonne prägt und bestimmt unser tägliches Leben und wir halten uns an den Rhythmus der Rotation unseres Planeten im Verhältnis zu ihr. Die Beobachtung der Sonne bedeutet die Beobachtung des Lebens auf unserem Planeten selbst. Die frühe religiöse Architekturentwicklung kann als ein Versuch der Menschheit verstanden werden, diese Bewegungen zu erfassen.

Ausgehend von diesen Voraussetzungen und unter Verwendung vorgefundener architektonischer Elemente führt Esther Mathis das Thema und das Hauptinteresse ihrer Praxis - das Licht - durch die Räume jenes Ortes, den sie in den letzten zwei Jahren ihres Aufenthalts bewohnt und beobachtet hat. Die einzigartige Möglichkeit, den Ausstellungsraum zu allen Jahreszeiten wahrzunehmen, führte zu der bewussten Entscheidung, ortsspezifisch zu arbeiten und die Ausstellung zu dieser spezifischen Jahreszeit zu zeigen - wenn die Tage noch lang sind und die Bewegung der Sonne von den Besuchern verfolgt werden kann.

Was wir normalerweise als zu offensichtlich ignorieren, wird durch die Reflexionen der Abendsonne auf dem Werk Glass Ceiling sichtbar gemacht, einer Arbeit, die speziell für diesen geschlossenen und fast isolierten Raum der Galerie entwickelt wurde. Indem er den Raum unzugänglich macht und seine Nutzung auf den Kopf stellt, lenkt Mathis unsere Aufmerksamkeit auf den natürlichen Effekt, der durch das einfallende Sonnenlicht entsteht, das von dem sorgfältig und akribisch zusammengesetzten Mosaik aus Glasplatten auf dem Boden reflektiert wird. So entstehen kontrollierte und bewegte Reflexionen an der Wand und eine Umkehrung des Raumes durch die Verwendung von Licht, wodurch der Boden zu einem “Luminaire” wird.

Diese Konstruktion kann als Umkehrung eines zentralen architektonischen Elements eines Museums gelesen werden – dem Oberlichtsaal. Die Forschung um und im Inneren dieser Konstruktion ist seit Jahren Gegenstand von Mathis’ Praxis und findet sich in den Fotografien der Light Space Serie wieder. Diese normalerweise unzugänglichen, aber essentiellen Konstruktionen sind wie Lichtmaschinenräume für Museen und verantwortlich für die sorgfältig kontrollierten, kontinuierlichen und stabilen Lichtverhältnisse in den Ausstellungsräumen. Wie eine Filterschicht zwischen der Außenseite des Museums oder des Ausstellungsraums und den Kunstwerken im Inneren sind sie so konstruiert, dass sie unsere Wahrnehmung manipulieren. Durch die sorgfältige Untersuchung und Dokumentation dieser Räume reflektiert Mathis das Konzept des White Cube - ein Ausstellungskonzept, bei dem die Kunstwerke von jeglichem Kontext isoliert sind und bei dem neutrale Lichtverhältnisse eine entscheidende Rolle spielen.


In einer ähnlichen und einfachen Geste der Lichtmanipulation, als spielerische architektonische Intervention, verwandelt Mathis den schlecht beleuchteten zweiten Raum des Ortes zu ihrem eigenen Vorteil. Durch die Anbringung eines Lichtschutzes aus Plastikfolie - ein Trick, der normalerweise beim Film oder in der Fotografie verwendet wird, um Tageslichtbedingungen zu reproduzieren - verwandelt Mathis den Raum, in dem ihre jüngsten Arbeiten der Serie Nightshades unseren Augen einen Streich spielen und ein Lichtspektrum offenbaren, das in der Natur fast nie vorkommt. Wenn die Sonne untergeht, präsentiert sich unseren Augen ein ganz neues Farbspektrum. Diese Farben der Nacht werden aber fast immer aus dem musealen Kontext herausgefiltert. Von diesem Ausschluss fasziniert, nimmt Mathis die Farben aus dem “Nacht”-Spektrum, das von der RAL - einem standardisierten System von Farbreferenzen, die im Bauwesen verwendet werden - angeboten wird, und wendet diese auf ein zentrales Baumaterial an - die Aluminiumwabe - ein Element, das in der Architektur aufgrund seines Verhältnisses von Steifigkeit zu Gewicht weit verbreitet ist. Die Serie wird bewusst gegenüber dem Fenster platziert und bringen uns dazu, uns im Raum zu bewegen und ein weiteres Lichtspiel auf den wechselnden metallischen Oberflächen wahrzunehmen. Ein weiterer Effekt fällt uns von der anderen Seite der Ausstellung aus ins Auge. Dort reflektieren die verspiegelten Vorhanglamellen von Blinds - ein Werk, dessen Konstruktion Monate gedauert hat - das von der Glasdecke reflektierte natürliche Sonnenlicht und leiten es in unkontrollierten Zeitabständen durch und in den dunkleren Raum.

Mit diesen einfachen, aber eleganten und spielerischen Gesten und durch einen akribischen konzeptionellen Ansatz bringt Esther Mathis mühelos eine Lesart eines Raums oder einer Situation durch den Einsatz von Licht in unser Bewusstsein. Die subtilen Verwandlungen der Künstlerin beleuchten und enträtseln die Komplexität und Möglichkeiten des nicht direkt Sichtbaren. Der Kontrast zwischen natürlichem Licht und vorgefundenen architektonischen Elementen - sei es eine Jalousie, Fensterglas oder Aluminiumwaben - verweist auf die weitreichenden und zuweilen verborgenen Möglichkeiten, die diese Elemente enthalten, sich aber oft unserem Blick entziehen.

Kristina Grigorjeva

Vernissage

Do, 19.08.2021
18 -21Uhr

Öffnungszeiten
Do - Sa
14 - 17 Uhr

Bilder: Esther Nora Mathis

Mit grosszügigen Unterstützung von
Georges und Jenny Bloch Stiftung  
Kanton Zürich
Stadt Zürich




 





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